Nach dem Mordanschlag war nichts mehr so, wie es mal war!
Hundert Tage lag Köberle im Koma, schwebend zwischen Leben und Tod.
Sein Leben hing an einem seidenen Faden. Und selbst für den Fall - der ja zum
Glück für die einen, zum Leidwesen derer, die von seinem Tod profitiert
hätten, eingetreten ist - daß er überlebt, war noch nicht sicher,
wie sich das auf seinen körperlichen und seelischen Zustand auswirken wird.
Das waren einhundert Tage, in denen namenlose Ärzte und Krankenschwestern
gemeinsam mit seiner Lebenskameradin um sein Leben gebangt haben, aber das waren
genauso einhundert Tage, die seine Gegner haben nutzen können, ihre eigenen
Vorteile zu sichern.
Das eigentliche Erwachen kam aber erst, als das Urteil gegen einen Mann gesprochen worden
war, der es absolut nicht hat sein können: Josef Hilgert!
Dieses Bild hat sich unauslöschlich in Köberles Gehirn eingebrannt:
Es ist ein sonniger Julimorgen, als er mit eben diesem Hilgert auf den Golfplatz
Rammenau geht, wenige Stunden, bevor Köberle dessen Verbindlichkeiten bei den
Krankenkassen tilgen will... Er sieht, wie Hilgert sich auf den Rasen kniet, wie er
dessen Qualität bewundert, und dann plötzlich dieser stechende Schmerz in seiner
Brust... der Knall... und Hilgerts Worte:
"Peter, da wurde geschossen!"
Köberle hat sich in seinem Leben nie viel für Krimis interessiert, jedoch der
Begriff der Verurteilung aufgrund von Indizien ist ihm nicht fremd. Aber was war das?
Es gab hier weder Indizien irgendwelcher Art, noch ein Motiv für Hilgert,
ihn ins Jenseits zu befördern. Da muß doch was oberfaul sein!
Köberle beginnt, selbst zu ermitteln, gibt ein zweites Gerichtsgutachten in Auftrag, weil
das erste in fast allen Punkten unstimmig ist und sich mit seiner Beobachtung nicht deckt. Sein erneuter
Strafantrag wird abgelehnt. Er wendet sich an die Generalstaatsanwaltschaft, als das alles nicht hilft,
an den sächsischen Innenminister und geht bis in das Ministerium der Justiz der Bundesrepublik
Deutschland. Köberle wird den Eindruck nicht los, als sei die sächsische Regierung ein Haufen
in sich verfilzter korrupter Staatsangestellter und die Bundesinstitutionen ein Sammelsurium autistisch
veranlagter Paragraphenreiter.
Sein Leben lang war Köberle ein loyaler Bundesbürger mit einem tiefen Vertrauen in die
Gerechtigkeit und Allmacht des Staatswesens. Dieses Vertrauen ist mittlerweile bis in die Grundfesten hinein
erschüttert. Er ist zu folgenden Erkenntnissen gelangt:
- Das Rechtswesen der Bundesrepublik Deutschland ist dringend reformbedürftig!
Es ist nicht mehr mit Recht und Gesetz vereinbar, daß Richter sich anmaßen,
im Namen eines imaginären Volkes Recht zu sprechen und dabei eben dasselbe verbiegen und
verdrehen, ohne jemals auch nur die Spur einer Verfolgung dessen befürchten zu müssen.
Richter sind Menschen und als solche genauso unvollkommen. Und wenn Menschen für Fehler, die sie
begehen, belangt werden, dann muß das bei Richtern erst recht der Fall sein!
- Die Opfer müssen sich wehren, auch und gerade gegen die offensichtliche Willkür der Justiz!
Es kann nicht angehen, daß die Staatsanwaltschaften - wahrscheinlich nicht nur die in Sachsen -
zu, wie es von Karl Nolle, dem wirtschaftspolitischen Sprecher der SPD in Sachsen, formuliert worden ist,
"institutionalisierten Strafvereitelungsbehörden" werden. Das Rechtswesen der BRD
verkommt immer mehr zur Auftragsjustiz, die Urteile sind nicht selten bereits vor der Verhandlung fertig.
Wir können und dürfen uns das nicht mehr länger gefallen lassen. Es ist schon schlimm,
wenn Unrecht geschieht, noch schlimmer aber ist es, wenn das Opfer durch eine Willkürjustiz verhöhnt
und ein zweites Mal zum Opfer wird.
- Recht muß parteien- und regierungsneutral werden!
Es ist eine Schande, daß es in Deutschland keine Instanz gibt, die richterliche Fehlleistungen
zur Sühne bringt. Das Recht als solches verkommt in einem Gerangel aus Parteiengezänk und Karrieredenken.
Nur wer nichts macht, macht auch nichts verkehrt. Die Justizorgane des Bundes halten sich aus den Länderangelegenheiten
raus mit dem Hinweis auf irgendwelche imaginären föderalen - was immer das auch sein mag - Gegebenheiten.
Es gibt für Opfer des deutschen Rechts(un)wesens leider keine einzige Anlaufstelle zur Klärung solcher
Angelegenheiten. Das muß anders werden!
Köberle ist zu der Einsicht gelangt, daß es dringend Not tut, eine Vereinigung zu gründen, die
dem verdrehten Recht in diesem Land wieder auf die Beine verhilft. In diesem Sinne versteht er die Ereignisse, die auf
den mißglückten Mordanschlag in Rammenau gefolgt sind, als eine quasi Wiederholung der Watergate-Affaire
aus den 70-ern und daher:
R A M M E G A T E
Graupzig, den 13. August 2004
Siegfried Wilhelm