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  • Gedanken zur Nacht

    Impressionen vom Anwaltstag in Dresden,
    05. - 08.5.2005
    Wahre Begebenheit vom 06.5.2005


    "Denk ich an Deutschland in der Nacht,
    Dann bin ich um den Schlaf gebracht,
    Ich kann nicht mehr die Augen schließen,
    Und meine heißen Tränen fließen.
    "
    aus "Nachtgedanken"
    von Heinrich Heine (1797-1856)

    Wahrlich, Freunde, es wird (wieder?) Nacht in diesem Lande...

    Na, vielleicht sehe ich auch zu schwarz. Dennoch meine ich, daß die Zeichen der Zeit doch schon Anlaß für eine gewisse Unruhe sein können...

    Es war Freitag, der 6. Mai anno 2005. Herr Köberle hatte mich ersucht, ihn doch bitte beim Verteilen von Flugblättern zu unterstützen. Zwar ist er im Geiste flink und agil, aber die körperlichen Kräfte machen nicht mehr so ganz mit. Warum sollte ich als blutjunger Bursche von gerade mal fünfzig ihm nicht unter die Arme greifen?

    Gesagt - getan. Kurz nach 8.30 Uhr treffen wir uns im Kongreßzentrum der sächsischen Landeshauptstadt. Ich war gerade in die Lektüre meines Lieblingsblattes, der "Jungen Welt" vertieft, sodaß ich ihn, der sich mir "schwer beladen" (Anmerkung: Es war nur ein Einkaufskorb voll, aber aufgrund seines durch den Mordanschlag verursachten Handicaps sind für ihn selbst solche für einen quasi normalen Menschen leichte Tätigkeiten fast die Grenze des Machbaren...) mit etwa 200 Kopien seines von ihm selbst entworfenen Flugblattes näherte, kaum kommen sah.

    Flugs war die Zeitung verstaut, eine Handvoll Flyer unter dem Arm und los gings. Wir traten persönlich auf die jeweiligen Herrschaften zu und überreichten ihnen mit ein paar erklärenden Worten ein Exemplar.

    Nach wenigen Minuten trat eine Dame vom "Ordnungsdienst" des Hauses an uns heran mit den Worten: "Bitte verlassen Sie sofort dieses Haus. Ich verbiete Ihnen, egal was hier zu verteilen."

    Köberle war sichtlich verdutzt: "Aber dieses Material geht gerade diese Herrschaften etwas an, die sich hier versammelt haben." Dann wollte er noch etwas von Meinungsfreiheit erzählen, wurde aber mitten im Wort unterbrochen mit dem Hinweis: "Verlassen Sie bitte dieses Haus!" Sie wird von einem anderen Herrn in sichtlich ordnermäßiger Manier ergänzt: "Wir haben hier das Hausrecht und wir verbieten Ihnen, hier irgendwelche Propaganda zu machen."

    Man will ja alles, nur halt keinen Ärger. "Oder wir holen die Polizei!" Nur die nicht! Wir begeben uns zum Ausgang. "Auch vor der Tür gilt noch unser Hausrecht!"

    "Auf der Treppe auch! ... Auch vor der Treppe! ... Und auf dem Platz davor! ... " Etwa vier Ordner bildeten unsere Eskorte. Auf dem Fußweg vor dem Kongreßzentrum schien das Reich des Hauses zu Ende zu sein, jedenfalls dröhnte es nicht mehr hinter uns her. Vor dem Haus war noch Herr Trieflinger, Vorsitzender des Vereins gegen Rechtsmißbrauch e.V. mit zwei seiner getreuen Helfer, die ebenfalls Platzverweis erhielten.

    Wir führten die Aktion teils offen auf der Straße, teils mit Partisanenmethoden   ;))   weiter. Gegen 11.00 Uhr wollten wir noch ein kurzes Schwätzchen halten. Herr Köberle hatte noch die Hoffnung, mit diesem oder jenem Anwalt ins Gespräch zu kommen, ich freute mich auf ein mir in Aussicht gestelltes heißes Schälchen, und so gingen wir quasi unbewaffnet, also ohne Flugblätter, wieder in das Zentrum hinein. Die Gastronomie versprach, gegen 11.30 Uhr diverse Wünsche erfüllen zu können.

    Und so verharrten Köberle und ich noch in der Lobby, Trieflinger und Gefolge genossen ein paar Takte der Auftaktreden, ehe sie sich zu uns gesellten, weil wir unter anderem über gemeinsame Aktivitäten beraten wollten. Da plötzlich erschienen sie wieder, die uns sattsam bekannten Gesichter, die uns vordem hinauskomplementiert hatten: "Was machen Sie hier? Sie wissen doch: Wir haben Ihnen doch Hausverbot ausgesprochen!?"

    Also, daß es in einer öffentlichen Veranstaltung untersagt wird, Informationen zu verteilen, kann ich noch in gewisser Weise nachvollziehen, aber von einem Hausverbot war mir nichts bekannt. Warum auch? Haben wir randaliert? Nein. Gepöbelt? Nein. Uns anderweitig unanständig benommen? Auch nicht.

    Der Mann im zweiköpfigen Gefolge des Herrn Trieflinger warf sich in die Brust: "Aber, dieses hier ist doch eine öffentliche Veranstaltung? Sie können uns doch gar nicht so mir nichts dir nichts auf die Straße setzen!? Und außerdem tun wir das, was wir tun, auch im Interesse Ihrer Kinder! Es steht schlecht mit dem Recht im Staate des Rechts!"

    Der Guard nahm das gelassen und ging nicht weiter darauf ein: "Wir haben hier das Hausrecht, und wir bestimmen, was hier geschieht oder nicht! Und wenn wir Ihnen ein Verbot erteilen, dann haben Sie das gefälligst zu akzeptieren, oder ... wir rufen die Polizei!" Mit diesen Worten wandte er sich an seinen Kollegen, der schon den Hörer am Ohr hatte...

    Was dann folgte, hat mir in gewisser Weise einen seelischen Klaps versetzt: Mehrere junge Herren bewegten sich auf uns zu und uns in Richtung Ausgang.

    Stocksteif und in Drohgebärde kamen sie hinter uns her! Ich glaube, so muß sich Schmutz fühlen, Straßenkehricht, Dreck, der von einem Besen vor die Tür gekehrt wird! Immer ge- und verfolgt von den stocksteifen Borsten, den gedankenlosen, willfährigen Helfern der Obrigkeit, die den Besen führt. Wir sind der Pöbel, der Dreck, der vielleicht noch geduldet wird, wenn er die Schnauze hält, aber wehe, wenn er beginnt, sich zu wehren! Dann kommen sie, die kalten, steifen, gedankenlosen und willfährigen Borsten...

    Oder um es wiederum mit Heinrich Heines Worten auszudrücken:

    Noch immer das hölzern pedantische Volk,
    Noch immer ein rechter Winkel
    In jeder Bewegung, und im Gesicht
    Der eingefrorene Dünkel.

    Sie stelzen noch immer so steif herum,
    So kerzengerade geschniegelt,
    Als hätten sie verschluckt den Stock,
    Womit man sie einst geprügelt.
    aus "Deutschland, ein Wintermärchen"
    von Heinrich Heine (1797-1856)

    Armes Deutschland!

    Graupzig, den 06. Mai 2005

    Siegfried Wilhelm


    PS: Man sollte es nicht für möglich halten, aber die Polizei kam trotzdem, obwohl wir nicht die Spur von Randale gemacht haben. Und die Krönung: Die "Grünen" konnten es sich nicht verkneifen, die beiden alten Herren, die schon im Gespräch vertieft im Abmarsch begriffen waren, noch einmal anzusprechen und zum Verschwinden zu ermahnen. Ein Wunder, daß sie - angesichts der bis da hin an den Tag gelegten an das Extreme grenzenden Verhaltensweise - nicht zu rigideren Maßnahmen gegriffen haben, der "Goldenen 8" etwa, oder dem Schießeisen ... Herr Köberle hat schon traurige Erfahrung mit sowas...


    Zum Stein des Anstoßes

     

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