Ich (ein Angehöriger, ein Freund) wurdeOpfer einer G e w a l t t a tDiese Seiten sind keine Rechtsberatung. Sie sollen für Opfer von Gewalttaten ein kleiner Leitfaden sein, der auf leidvollen persönlichen Erfahrungen von Peter Köberle als Opfer eines heimtückisch geplanten und ausgeführten aber mißlungenen Mordanschlags und seiner Lebenspartnerin Carin D. Zeller basiert. Was kann ich tun?An wen kann ich mich wenden?Welche Leistungen kann ein Gewaltopfer nach dem OEG beanspruchen?Lt. BVG hat das Opfer einer Gewalttat Anspruch auf ...Das Gewaltopfer ist gleichzeitig Opfer eines Berufsunfalls Vier Jahre nach dem heimtückischen Mordanschlag auf Peter Köberle, wurde die Tat als Berufsunfall anerkannt...§ 65 BVG - Ruhen des Anspruchs auf Versorgung Das Gesetz über die Versorgung der Opfer des
(zweiten Welt)-Krieges, also das so genannte Bundesversorgungsgesetz (BVG)
trat am 1.10.1950 in Kraft. Das Opferentschädigungsgesetz wurde erst
viele Jahre später auf das BVG „aufgepfropft“. Liest und betrachtet man
§ 65, so erkennt man sofort, daß er sich im wesentlichen auf die
beamtenrechtliche Fürsorge bezieht. (Fast ein Drittel der unzähligen deutschen
Paragraphen beschäftigen sich mit dem Beamtenrecht und deren
Besoldung.) Schon der erste Satz ist vielsagend:
Der Anspruch auf die Grundrente (§ 31) ruht also in der Höhe der n e b e n den Dienstbezügen gewährten Leistungen aus der beamtenrechtlichen Unfallfürsorge, wenn beide Ansprüche auf derselben Ursache beruhen... Hierzu ergänzt der Kommentar:
Ein Beamter erhält ein erhöhtes Unfallruhegehalt zuzüglich eines Unfallausgleichs – anstelle des Berufsschadensausgleichs und der sogenannten Grundrente. Hier ist verständlich und nach- vollziehbar, daß nicht beide Leistungen (Unfallausgleich + Grundrente) bezahlt werden, weil dies eine Doppelzahlung der gleichen Leistung wäre. Die bisher von den Ämtern praktizierte Handhabung und auch die bisherige Rechtssprechung der Sozialgerichte zum § 65 BVG in Verbindung mit der berufs- genossenschaftlichen Unfallrente ist ein klarer Verfassungsverstoß und ein Verstoß gegen das Gleichheitsgebot des Grundgesetzes. Dies sollen die folgenden drei Beispiele verdeutlichen:
Wäre Peter Köberle „nur“ Opfer einer Gewalttat geworden (hätte er z.B. zum Zeitpunkt des Attentats Golf gespielt – so wie es von der Versorgungsverwaltung im Schadensersatzprozeß gegen den Schädiger in der Klagschrift – warum auch immer ! – behauptete), und nicht auch noch Opfer eines Berufsunfalls, dann würde er – ähnlich wie Gabi D. – alle OEG-Leistungen (zuzüglich zur Heilbehandlung) erhalten: Berufsschadensausgleich + Grundrente + Schwerstbeschädigtenzulage + Ausgleichsrente und andere Leistungen. Weil der Mordanschlag jedoch gleichzeitig als Berufsunfall anerkannt wurde, rechnet das Amt – verfassungswidrig – die immaterielle Opferentschädigung mit der berufsgenossenschaftlichen Unfallrente (materieller Einkommensersatz) in voller Höhe auf. Daß eine solche Handhabung des § 65 BVG durch
die Ämter und die Sozialgerichte nicht stimmen kann, liegt auf der Hand. Es kommt noch eine weitere Unlogik hinzu: Wie allgemein bekannt, zahlt der Arbeitgeber für seine Mitarbeiter und oft auch für sich selbst Beiträge an die Berufsgenossenschaft, um sich gegen die Haftungsrisiken von Berufsunfällen abzusichern. Vor einer Leistung durch die Berufsgenossenschaft hat er oft jahre-, oft jahrzehntelang Beiträge bezahlt. Leistungen der Berufsgenossenschaft in Form einer Unfallrente erfordern zunächst eine Mitgliedschaft und eine entsprechende Beitragspfllicht. Und dafür wird ein Gewaltopfer, das während der Berufsausübung geschädigt wird, finanziell noch bestraft. Das kann einfach nicht richtig sein! Betrachten wir die Opferentschädigung von einer anderen Seite: Am privilegiertesten sind in dieser Hinsicht Beamte. Sie erhalten neben der umfangreichen beamtenrechtlichen Unfall-versorgung ein erhöhtes Unfallruhegehalt und zusätzlich einen Unfallausgleich in Höhe der Grundrente. Ein Gewaltopfer, das auch Opfer eines Berufsunfalls ist, erhält anstelle des Berufs- schadensausgleichs eine Unfallrente. Diese richtet sich nach dem in der Vergangenheit erzielten Einkommen. Ergibt sich bei der Berechnung, daß der Berufsschadensausgleich höher ist, als die Unfallrente, so erhält das Opfer zusätzlich die Differenz ausbezahlt. Jetzt aber kommt die Unlogik: Obwohl die sogenannte OEG-Grundrente eine immaterielle staatliche Leistung ist, die unabhängig vom Einkommen und Vermögen zu bezahlen ist, verrechnen die Ämter diese in voller Höhe mit der Unfallrente, die eindeutig als Einkommensersatz zu betrachten ist. Auch die Sozialgerichte verkennen bisher den an und für sich klaren Gesetzestext und verdrehen den Sachverhalt zu Lasten des Gewaltopfers, das gleichzeitig als Opfer eines Berufsunfalls wurde und eine Unfallrente bezieht. Wie läßt sich das noch erklären und mit sozialer Gerechtigkeit vereinbaren? Beispiele:1. Ein Wachmann wird während seiner Schicht vor der Tür seiner Firma niedergeschossen. Die Gewaltat ist gleichzeitig ein Berufsunfall. Die Opferentschädigung wird mit der Unfallrente aufgerechnet. Er wird finanziell durch § 65 BVG ganz erheblich benachteiligt, denn neben der Unfallrente erhält er keine immaterielle OEG-Entschädigung. 2. Der gleiche Wachmann besucht außerhalb seines Dienstes diese Firma und wird niedergeschossen. Er erhält anstelle der Unfallrente den Berufsschadensausgleich und alle ihm nach dem OEG zustehenden Leistungen. 3. Ein Bankbote wird auf einem Dienstgang vor dem Bankgebäude niedergeschlagen und beraubt. Es ist eine Gewaltat und ein Berufsunfall, der zur Aufrechnung der OEG-Leistungen führt. Auch dieses Opfer ist finanziell wegen § 65 BVG benachteiligt. 4. Der gleiche Bankbote macht einen sonntäglichen Spaziergang und wird genau an der gleichen Stelle niedergeschlagen und seiner Geldbörse beraubt. Er wurde „nur“ Opfer einer Gewalttat. Nunmehr erhält der den Berufsschadensausgleich und alle zusätzlichen OEG-Leistungen, die je nach Schwere der Unfallfolgen unterschiedlich sind. Können Sie an diesen Beispielen noch das gleiche Recht für alle Bürger erkennen? Menschen, die Opfer einer Gewalttat während ihres ihrer Berufsausübung geworden sind, werden finanziell stark benachteiligt. Ist das noch das gleiche Recht, wenn man dagegen die Beamtenversorgung betrachtet? A c h t u n g !Sehr leichtfertig und vermutlich auf "höhere Weisung" benutzen Mitarbeiter der Versorgungsämter gern bei ihren Aussagen – auch als Zeugen vor Gericht – Worte, wie "alles" oder "vollumfassend". Diese Begriffe sind abstrakt und absolut. Wehren Sie sich gegen solche Schlagwortaussagen! Widersprechen Sie! Ein Beispiel dafür soll das Schreiben das sächsischen Landesamts für Familie und Soziales v. 04.05.04 sein, in dem es auf S. 2 unter Verkennung des Gesetzestextes des § 65 BVG heißt:
Nur ab 01.01.02 ??? Die Verrechnung erfolgte auch rückwirkend! Aus diesem leidvollen Tatsachenbericht kann der Leser (Opfer) seine wichtigsten Rechte aus dem OEG, aber auch die Abwehrhaltung der Ämter und Sozialgerichte herauslesen. Er kann erkennen, daß die Versorgungsverwaltung und auch die Sozialgerichte alle Lücken und Fehler nutzen, um die gesetzlich zur Leistung verpflichteten Behörden weitgehend von ihrer Leistungspflicht freizustellen. Das ist das zweite, das unschöne Gesicht des deutschen Rechts- und Sozialstaats gegenüber dem Gewaltopfer.
Weil der Stadt, im Juni 2004
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